Montag, 11. Juli 2011

Die Feier der Unabhängigkeit des Südsudans in Kakuma

Endlich war es soweit: Nachdem im Januar mehr als 98% der Suedsudanesen fuer einen vom Norden unabhaengigen Staat Suedsudan votierten, wurde nun am Samstag 09.07.2011 offiziell die Gruendung des 54 afrikanischen Staates vollzogen. Auch hier in Kakuma feierten die rund 20.000 Sudanesen dieses Ereignis
Die Flagge des neugegruendeten
Staates Suedsudan
ausgelassen. Selbstverstaendlich konnte ich es mir nicht nehmen lassen bei der Feierlichkeit vorbeizuschauen - zunaechst vor allem aus Neugier. Zusammen mit drei weiteren JRS Mitarbeitern fuhren wir zum ehemaligen Gerichtsgelaende der Sudanesen. Nach Entstehung des Fluechtlingslagers, als nur Sudanesen hier waren, kamen regelmaessig sudanesische Richter nach Kakuma, um Recht zu sprechen. Mittlerweile hat der kenianische Staat seine Verantwortung anerkannt und ist auch in Kakuma fuer die Justiz zustaendig und somit hat das Gelaende seinen urspruenglichen Zweck verloren.
Ausgelassene Freude bei den Feierlichkeiten zur Unabhaengigkeit des Suedsudans
Nach der Ankunft am Gerichtsgelaende wurden wir sofort gebeten auf das Podium der Ehrengaeste zu kommen. Dies auszuschlagen war natuerlich nicht moeglich. Fuer mich etwas ueberraschend war, dass kein Vertreter einer anderen Organisation anwesend war.  Nicht einmal der UNHCR noch die groesste Organisation vor Ort (LWF - Lutheran World Federation)  kamen zu diesem Fest. Meines Erachtens ist dies ein absolutes Armutszeugnis. Schliesslich kam, was ich schon erahnte. Die Gaeste vom JRS wurden eingeladen eine Ansprache zu halten, und zwar solle Bruder Christian doch ans Mikrophon kommen. Ueberrascht war ich, dass man mich hier mit Bruder Christian ankuendigte. Insgesamt dachte ich, dass man mich im Camp nicht so sehr mit Namen kennt, aber seit ich vor zwei Wochen begann in die Schulen zu gehen und dort als Bruder Christian vorgestellt wurde, bin ich nun unter diesem Namen bekannt.
U.a. sprach ich dann ueber das Motto des Jesuitenfluechtlingsdienstes - to serve, to accompany and to advocate, und zwar dass fuer uns accompany, also die Begleitung der Fluechtlinge, bedeute mit ihnen Leid zu teilen und ihnen beizustehen, jedoch auch die Freude mit ihnen zu teilen und sich mit den Suedsudanesen zu freuen, dass die Unabhaengigkeit nun erreicht sei. Weiterhin forderte ich auch zur Versoehnung zwischen Nord- und Suedsudan auf, und zwar einander zu vergeben und schliesslich friedlich Seite an Seite zu leben.
Erst waehrend meiner kurzen Ansprache fiel mir auf, wie wichtig es war, dass ich kurz bei den Feierlichkeiten vorbeischaute. Die Suedsudanesen waren gluecklich, dass wir an ihrer Freude teilhaben und uns ihr Schicksal nicht kalt laesst.
Es bleibt nur zu hoffen und zu beten, dass eine friedliche Koexistenz der beiden sudanesischen Staaten meoglich ist und die noch ungeklaerten Grenzfragen diplomatisch geloest werden.

Die anschliessenden Videos geben einige Impressionen zu den Feierlichkeiten in Kakuma:


P.S.: Im Internet ist der Film "God grew tired of us" zu finden, so z.B. bei Youtube. Der Film besteht aus 6 Teilen je ca. 15 Minuten (also insgesamt 90 Minuten).  Es ist eine Dokumentation ueber die Lost Boys of Sudan, Kinder im Alter zwischen 3 Jahren und 14 Jahren, die Ende der 80er Jahre ohne Eltern aus dem Suedsudan flohen und nach einigen Jahren schliesslich 1992 in Kakuma ankamen. Zu Beginn des letzten Jahrzehnts luden die USA einige tausend Lost Boys ein in den USA zu leben. Der Film berichtet ueber die Flucht, das Leben in Kakuma und schliesslich die Erfahrungen der jungen Sudanesen in den USA. Einfach zu Youtube gehen und dort nach "God grew tired of us" suchen - die Dokumentation ist sehr sehenswert.

3 Kommentare:

  1. Interessant und bewegend. Gibt es den Film auch irgendwo als ganzes?
    Ach ja, und wie hattest du gedacht, dass man dich vorstellt? Ist Bruder Christian nicht korrekt?

    AntwortenLöschen
  2. Deine neuen Aufgaben scheinen Dich zu fordern und zu einer Berühmtheit zu machen. Schön!
    Gruss JoBa

    AntwortenLöschen
  3. @ Johannes: Ich antworte jetzt einmal auf diese Weise, da ich nicht so genau weiss, welcher Johannes diesen Kommentar gepostet hat (ich kenne mehrere Johannes, die prinizipiell in Frage kommen). Ich glaube den Film gibt es nicht als Ganzes im Internet zu sehen. Ansonsten kann er uber Amazon gekauft werden.
    Ich war ueberrascht ueber das Bruder Christian, da wir Jesuiten in Ausbildung uns eigentlich nicht Bruder nennen und da wir auch keine richtige Bezeichnung dafuer im Englischen haben, stellte ich mich nie mit Bruder vor. Nur in der Schule etwa 1 Woche vor der Feier wurde ich von einem Salesianer in einer Schule als Bruder Christian vorgestellt. Daher die Verwunderung, dass sich dies so herumgesprochen hat.

    AntwortenLöschen