Samstag, 29. Oktober 2011

Der Jesuitenflüchtlingsdienst
Gründung, Schwerpunkte und Vision

Im Internet habe ich das nachfolgende Video "The Legacy of Arrupe's Vision" (Das Vermächtnis von Arrupes Vision) gefunden. In ihm werden sehr eindrücklich die Anfänge, die Schwerpunkte und die Vision des Jesuitenflüchtlingsdienstes geschildert.

Dienstag, 18. Oktober 2011

Lebensgeschichten
oder
Traumatisiert und nun Zwangsheirat? Nein, danke!

Du weißt gar nicht
wie schwer die Last ist,
die du nicht trägst.
 
Afrikanisches Sprichwort


Grace ist 27 Jahre alt und aus dem Südsudan. Warum ist sie noch hier? Der Unabhängigkeitsprozess des Südsudan lief ohne große Auseinandersetzungen ab und laut UNHCR ist eine sichere Heimkehr möglich. Doch jeder Flüchtling hat seine eigene Geschichte und Gründe, weshalb er noch hier in Kakuma ist. Sei es Hoffnung ein wenig Bildung zu erlangen, seien es Traumatisierungen, die Angst vor einem Bürgerkrieg dieses Mal zwischen den Stämmen des Südsudan (zuletzt kam es zu einzelnen Auseinandersetzungen) oder die Angst davor Menschen zu begegnen, die vor nicht allzu langer Zeit die eigene Sippe verfolgten.
Auch Grace hat ihre ganz eigene Geschichte. Graces Grossvater war ein Stammeshäuptling und ihr Vater dessen Sohn. Entsprechend war Graces Familie ziemlich bekannt. Als Grace etwa 14 Jahre alt und somit allmählich im heiratsfähigen Alter ist, möchte einer der Rebellenführer Grace heiraten – die Rebellen gehen zu Graces Familie und fordern Grace solle mit ihnen mitkommen. Grace ist an diesem Tag nicht zu Hause.  Die Eltern weigern sich einer solchen Heirat zuzustimmen und werden darufhin brutalst geschlagen. Die Rebellen drohen eine Rückkehr an. Einige Tage später kommen die Rebellen wieder. Zuerst verlässt der Vater die Hütte, später die Mutter. Sie reden mit den Rebellen. Grace befindet sich in diesem Augenblick in einer Nachbarhütte und wird von den Erwachsenen dort zum Wasser holen geschickt.  Sie benötigt ein wenig Zeit und auf dem Rückweg sieht sie, das im Dorf etwas brennt – wie sich herausstellt sowohl die Hütte ihrer Familie und einige andere Hütten. Sie lässt den Wasserkrug fallen und rennt zum Dorf zurück – sie will sehen was geschehen ist. Nachbarn wollen sie davon abhalten, aber es gelingt ihnen nicht. In der Nähe der Hütte liegen ihre beiden Eltern tot auf dem Boden – die Kehle durchgetrennt.
Grace ist noch einige Zeit bei Verwandten bevor sie dann 2001 nach Kakuma flieht. Nach Kakuma kommen dann auch ihr Bruder und ihre Schwägerin sowie deren Kinder. Der Bruder stirbt jedoch bald und die Schwägerin und deren Kinder werden daher von Australien aufgenommen. Grace ist nun alleine in Kakuma. Eine Schwester von Grace wird um 2006 im Suedsudan verheiratet; bald darauf stirbt ihr Mann. Da die Familie des Mannes eine horende Mitgift bezahlt hat und die Schwester von Grace beschuldigt wird auf irgendeine Art und Weise am Tod des Ehemannes beteiligt gewesen zu sein, so soll Graces Schwester nun den Vater ihres Ehemannes heiraten. Graces Schwester rennt davon, woraufhin Graces Onkel  aufgefordert wird die Mitgift zurückzubezahlen, doch er will nicht und kann nicht (es stehen 25 Kühe und noch einige andere teure Dinge auf dem Spiel). Der Onkel von Grace lässt nach ihr suchen und findet sie. Er fordert sie auf zurück in den Südsudan zu kommen und den Vater ihres verstorbenen Schwagers zu heiraten. Grace weigert sich und kann sich den Boten entziehen. In etwa jährlich kommen Boten des Onkels, bitten sie zurückzukehren und den Vater ihres verstorbenen Schwagers zu heiraten (sie waere mittlerweile seine 5. Ehefrau). Da Grace in Kenia ist, fällt es dem Onkel nicht leicht sie ohne ihren Willen zurück zu holen.
Grace kann nicht zurück in den Südsudan – die Erfahrungen traumatisierten sie und die Angst vor dem Onkel schrecken sie davor ab. Da sie aus dem Südsudan ist, welcher mittlerweile als “sicher” gilt, bestehen nur begrenzt Möglichkeiten von einem anderen Land aufgenommen zu werden. Sie müsste alle ihre Erlebnisse detailliert schildern, doch sie will nicht einem Fremden davon erzählen und sie hat Angst vor den möglichen aufkommenden Bildern in ihrem Gedächtnis. Wer weiß, wie lange sie noch in Kakuma bleibt.